Der Literarische Sonntag
Der fünfte Polizist

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Das gesamte Werk auf einen Blick

Der fünfte Polizist - ein Fortsetzungsroman von vielen Menschen
 
Lieber hätte ich in Ruhe woanders mein Bier getrunken und die Gedanken in Richtung Urlaub steuern wollen. Aber es war eben mein Job und ich noch nicht beurlaubt. Es regnete an diesem Tag wie in Strömen, die Zigaretten waren mir gerade eben ausgegangen und die Nachbarin wollte mir schon wieder ihr neuestes Kind zeigen. - Mittlerweile ihr fünftes.

Ich musste also in dieses Lokal, ob ich große Lust dazu hatte oder nicht, zögerte kurz an der Tür, als ob ich wahren Respekt gehabt hätte und näherte mich dem Tresen, vom knarrenden Holz unter meinen Füßen, das schon seit vielen Jahren schnapsgeschwängerte Luft atmete inspiriert. Ich war alleine schon wegen der lauten Umtata-Klänge aus der Musikbox wachsam geworden und verhielt mich deshalb so, als ob ich die misstrauischen Gesichter ringsum scheinbar nicht bemerkte. Ich bemerkte sie doch. Aber dennoch nicht so, dass sie bemerkten, bemerkt zu werden.

Ich war aufgrund meines schon seit vielen Jahren ausgeübten Berufes befähigt, Menschen zu beobachten, ohne, dass sie bemerken beobachtet zu werden ein goldenes Talent. Und ich war schon in vielen Fällen äußerst erfolgreich damit. Columbo stellt immer dämliche Fragen ich tu immer so, als ginge mich nichts etwas an. Denn mein Auftritt in diesem Lokal ähnelte der Begrüßung eines Stars, der sich in stinknormale Lokale begibt, um Ruhe zu haben vom Rummel, der ihn normalerweise umgibt, den man jedoch peinlich berührt nicht bemerken will, als ob es einen Grund gäbe, sich nicht anmerken lassen zu wollen, dass man ihn kennt.

Nun, bei mir war es zwar etwas anders, ich war kein Star, aber so recht traute man mir hier herinnen offensichtlich auch nicht. Die Gäste an der Bar, wortkarg wie der Glanz in ihren Augen, wollten offenbar etwas verbergen, und nicht nur vor Fremden. Ich kannte keinen einzigen von ihnen, weder aus der Kartei und auch nicht persönlich, obwohl ich des Öfteren hier gewesen bin, um meine verdammte Nikotinsucht zu befriedigen und gleichzeitig, zur Feier der Befriedigung, noch ein kleines Bier mit in den Schlaf zu nehmen. Nie dachte ich auch nur eine Sekunde, mich hier länger als notwendig aufzuhalten.

Es waren suchende Blicke, die mich trafen, Blicke mit dem Hauch des schlechten Gewissens, ich rieche so etwas sofort. Und die Person auf dem Foto, das mir am Kommissariat überreicht wurde, war offensichtlich nicht anwesend.

Wenn einer Kriminalist wird und kein Gespür für Übersinnliches hat, kann er es gleich bleiben lassen. Man muss sich als Kriminalist auch auf seine innere Stimme verlassen können. Also öffnete ich meinen triefenden Mantel und bestellte mit verstellter Stimme ein Pint Guinness offensichtlich ein Lokalrenner hier. Und das schafft Vertrauen. Nähere dich den verdächtigen Subjekten immer mit ihren eigenen Angewohnheiten. Dies ist auch einer meiner Grundsätze.

Ob ich allerdings bei sich eventuell ergebenden längeren Gesprächen meine verstellte Stimme beibehalten hätte können, dessen war ich mir zu diesem Zeitpunkt genauso wenig sicher, wie mir die Sinnhaftigkeit einer verstellten Stimme an sich in dieser Situation klar wurde. Ich zweifelte sogar einen Augenblick lange daran. Aber wie schon gesagt, manchmal muss ein Kriminalist auch irrationale Entscheidungen treffen. Also sagte ich noch im selben Tonfall Danke, als mir lautlos das bestellte Päckchen Smart-Export und das kleine Bier überreicht wurden. - Ich wollte meine neue Klientel von innen kennen lernen.

Ein glänzender Einfall durchzuckte mich, als ich von diesen Polizisten hörte. - Flann O'Brien (Der dritte Polizist)